2017 02 Alles WellnessIch sitze im ICE von Frankfurt Flughafen nach Stuttgart auf der Rückreise von einem vierwöchigen Aufenthalt in Indien. Mein persönliches Meditations-Retreat zum Jahresbeginn. Der dritte Aufenthalt dieser Art in Folge, jeweils im Januar/Februar. Ich komme also aus dem Wellness-Urlaub – das ist zumindest, was viele meiner Bekannten, Freunde und Familienmitglieder denken.

Doch wenn ich ihnen von meinen Tagen erzähle, relativiert sich diese Ansicht ganz schnell, denn obwohl das Ziel dieses Aufenthalts für mich tatsächlich ein "gut sein" = Wellness ist, oder genauer gesagt ein "besser sein", erinnert der Tagesablauf eher an den eines Schichtarbeiters, als an den eines Urlaubers. Und so ist dies tatsächlich auch die Dienstreise eines Yogis und kein Urlaub. Wer sich auf ein persönliches Meditations-Retreat dieser Art einlässt, geht tief in den Prozess von Sadhana, wie es die alten Sanskrit-Schriften nennen, die Art der meditativen Lebens- und Übungspraxis, die jede Minute des Seins durchdringt. Dieser Prozess ist seit tausenden von Jahren im Prinzip derselbe, obwohl er für jeden Menschen in Weg und Detail unterschiedlich ist. Man wird zum Sadhaka, zum Aspiranten, der sein ganzes Dasein dem Zweck unterordnet, sein Lebensziel klarer zu sehen und entsprechend zu üben oder zu handeln.

Zwar sollte das auch im Alltag möglich sein, doch in der modernen und schnelllebigen Welt kommt man bei dieser Art der Lebensführung schnell in Konflikt mit familiären und beruflichen Verpflichtungen. Da uns die Bhagavad Gita klar sagt, dass wir diese Verpflichtungen als Teil unseres Lebensweges zu erfüllen haben, blieb für den "Haushälter", also den Menschen, der sein Leben aktiv in Familie und Beruf lebt, schon immer nur der Weg der "zeitlich begrenzten Entsagung", also der temporäre Rückzuges aus dem Alltag. Neudeutsch nennen wir das Retreat. Nun kann man heutzutage auch einen Strandurlaub mit all-täglichem Sundowner-Cocktail als "Retreat" buchen. Doch erfüllt das seinen Zweck? In gewisser, eingeschränkter Weise schon. Doch seien wir ehrlich, wer möchte in einem solchen "Retreat" schon mehr Klarheit über seinen Lebensweg finden – und wer kehrt aus einem solchen Strandurlaub schon mit einem tiefen Gefühl der Klarheit, Zufriedenheit und des Tatendrangs für die kommenden Monate zurück? Doch das ist genau, was ich im Moment fühle und ich bin dafür sehr dankbar. Dankbar vor allem meinen Lehrern, die mir diesen Weg gewiesen haben. Doch woher kommt dieses tiefe Gefühl des in uns Ruhens nach einer solchen intensiven Sadhana-Periode? Es ist das Ergebnis harter Arbeit. Arbeit im Inneren, die einen an die eigenen Grenzen bringen kann und darüber hinaus, wenn man es zu lässt.

 2016 11 Freiheit und Erfuellung(frei nach Yoga Sutra II.18)

Yoga gibt uns tatsächlich eine Antwort auf die Frage nach dem Ziel des Lebens. Und diese Antwort fällt wesentlich weniger hochtrabend aus, als man es von einer zutiefst philosophischen Schrift erwarten könnte. Da steht zunächst nichts davon, Gott zu erfahren, sich selbst zu kennen oder den Himmel auf Erden zu finden. Patanjali nennt in Yoga Sutra II.18 einfach nur zwei Begriffe als Ziel des Lebens: Bhoga = Reichtum an weltlicher Erfüllung und Erfahrung und Apavarga = Freiheit von Anhaftung.

Was? Das soll es gewesen sein? Und was ist damit, in der morgentlichen Meditation in das helle Licht zu tauchen und in diesem Gefühl zu schweben? Nun, das könnte mit beiden Kategorien zu tun haben: es könnte ein Teil von Bhoga sein, dem Reichtum meiner Erfahrung oder - falls ich zu sehr daran hänge und ohne diese bestimmte, definitive "Erleuchtungserfahrung" am Morgen nicht Leben kann - das genaue Gegenteil von Apavarga sein. Dann hafte ich nämlich an diese Erfahrung an.

Zu kompliziert? Zu sehr an den Haaren herbei gezogen? - Gut, dann schauen wir es so an: Freiheit und Erfüllung zugleich als Ziel des Lebens stellt keinen absoluten Fixpunkt dar. Es ist ein relatives Ziel, das wir in jedem Augenblick erreichen oder verfehlen können. Pandit Rajmani Tigunait bringt es klar auf den Punkt: es geht darum, jederzeit der "Beherrscher des ganzen Universums" zu sein oder in anderen Worten Ganesha oder genauer "Gananam Isha", zu deutsch "Herr aller Kräfte". Und das können wir nur sein, wenn wir ein Leben ohne Leid oder Schmerzen führen, wobei uns Yoga hilft: In allen Facetten und auf allen Ebenen.

2018 03 Yoga Nidra transformiert

2016 11 SavasanaWas ist eigentlich der Unterschied zwischen Savasana und Yoga Nidra? Heutzutage scheinen die Begriffe zu verschwimmen, werden doch längere Savasana-Sequenzen auch immer wieder als Yoga Nidra bezeichnet. Sind das nicht eh einfach zwei Varianten körperlicher Entspannungsverfahren aus dem Yoga-Repertoire?
 
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Nicht ganz. Besser gesagt und um genau zu sein: ganz und gar nicht! Zwar basieren beide auf der körperlichen Haltung, die Savasana genannt wird, von "Sava" = "das, was tot ist" und "asana" = "Haltung" und erlauben dementsprechend beide, das etwas Neues entsteht, also Transformation stattfindet. Ganz im Sinne des Ausspruchs von Rolf Sovik: "Siva ist das, was Sava zu etwas neuem macht". Das Transformationsprinzip (Siva) wirkt also auf das, was das bisherige völlig loslassen kann (Sava). Das gelingt besonders gut in der Körperhaltung, die wir Savasana nennen und diese benutzen wir in beiden Prozessen.

2017 12 SankalpaWas ist Dein Vorsatz für 2017? - Du hast noch keinen? "Na, dann wird es Zeit!" werden einige jetzt sagen. Ich sage "Na, da hast Du vielleicht Glück gehabt!"

Wusstest Du, dass über 80% aller Vorsätze zum neuen Jahr schon nach weniger als 4 Wochen vergessen sind und unerfüllt bleiben? - Ach, das macht doch nichts! Oder vielleicht doch? Kann es sein, dass wir uns damit selbst dauerhaft untergraben?

Swami Rama hat es so ausgedrückt: "Du beschädigst Deine eigene innere Kraft, wenn Du Dir ein Sankalpa nimmst: 'Das werde ich tun!' - und dann tust Du es nicht! - Nach einiger Zeit wird Dein Buddhi (Deine Intuition) sich weigern, Dir zu sagen, was Du tun sollst und was nicht. Dann bist Du in einem Limbo (einer Hölle). Dann bekommt Dein Manas (der mentale Aspekt, der den Alltag regelt) keinerlei Führung."

Also besser gar keinen Vorsatz nehmen? - Die klare Antwort lautet: DOCH! Nimm Dir einen Vorsatz! Nimm Dir ein Sankalpa! Doch mach es bitte richtig! Lass Dich nicht in die Fallen locken, die im Sankalpa-Land lauern, dem Land der phantastischen Vorsätze!

2016 11 Für etwasDie modernen Neurowissenschaften, wie auch die Weisheits-Traditionen der Welt sagen uns klipp und klar, dass unser Kopf und unser Geist ein Problem mit negativen Konzepten hat. In negativen Worten: Wir verstehen es einfach nicht. - Verstehst Du das? - Lass es mich also positiv formulieren: Wir werden, was wir denken - egal was!

Was bedeutet das? Sich festzufahren darin, "gegen" etwas oder jemanden zu sein, wird unweigerlich dazu führen, dass Du Dich selbst und andere schädigst. Wenn Du Dich selbst in der Situation findest, etwas zu opponieren, gegen jemanden zu sein, dann überdenke das einmal. Finde stattdessen etwas positives, dass Du unterstützen kannst und das zur Lösung dessen beiträgt, wogegen Du Dich ursprünglich gewandt hast.

© Santosha-Yoga - Dr. Michael Nickel.
Alle Rechte vorbehalten.

 

 

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